Familienzeit

Manifest gegen die Abordnung von Grundschullehrern im Kreis Borken!

20. Juni 2023

Gerade noch rechtzeitig schaffe ich es ins Trockene. Ich stecke den Schlüssel ins Schloss und atme tief durch. Schwere Regentropfen klatschen hinter mir auf die Straße. Berührende Momente liegen hinter mir.
Ich war gerade auf einem stillen Protest. Eigentlich war ich als introvertierte Frau nie jemand, der öffentlich aktiv demonstriert hat.
Doch diese eine Sache, sie wühlt mich auf. Macht mich wütend. Lässt mich sprachlos zurück. Traurig.
Es geht um die Abordnung von Grundschullehrern im Kreis Borken!
Sicherlich, ganz NRW ist betroffen. Doch hier schreibe ich ganz konkret über den Kreis Borken im Westmünsterland,
das Zuhause meiner Kinder.
In der Küche setze ich Teewasser auf. Mein Blick fällt auf die hellen Wände: Fotografien meiner Kinder. Strahlende Kinderaugen. Bilder aus meiner eigenen Kindheit. Momentaufnahmen des Glücks.
Wo ist all das hin, frage ich mich?


Abordnung von Grundschullehrern – war früher alles besser?

War früher alles besser? Das hört man ja oft. Früher, da hätte es sowas nicht gegeben. Natürlich. Mittlerweile bin ich selbst Mama eines Grundschulkindes, dabei kann ich mich noch genau an meine ersten Schuljahre erinnern.

Meine Lehrerin im ersten Schuljahr war eine junge Frau mit blonden Haaren, die stets gute Laune versprühte. Wir Kinder liebten sie, ihren Unterricht und das Lernen machte so viel Freude. Ewig hätte es so weitergehen können. Zumindest bis zum Ende der Grundschule, da war sich unsere gesamte Klasse einig. Doch es kam anders. Unsere Lehrerin musste an eine andere Schule wechseln, stattdessen unterrichtete uns unsere Schulleiterin.

Auch sie habe ich in positiver Erinnerung. Eine schon ältere Dame mit gütigen, liebevollen Augen. Lachfalten. Grübchen. Sie war anders als unsere erste Lehrerin und der Wechsel war für uns Kinder damals ein Bruch. Ich erinnere mich noch gut an das Gefühl. Weinend kam ich nach Hause und schrieb in krakeliger Kinderschrift in mein Pferdetagebuch: „Heute ist ein schlimmer Tag. Frau W. verlässt uns und kommt nicht mehr wieder. So schön wird es nie wieder.“ Doch die Schulleiterin machte ihre Aufgabe ebenfalls gut: Sie wurde unsere Klassenlehrerin und ging bedürfnisorientiert auf jeden und jede von uns ein. Nach einigen Wochen war die Harmonie wieder hergestellt. Es ging ein spürbares Aufatmen nach diesem Schreck durch unsere Reihen. Ändern konnten wir es nicht, das war uns allen bewusst. Umso größer war der Schock als die Schulleiterin zu Beginn des vierten Schuljahres in Rente ging. Nun verspürte ich als Mädchen in erster Linie Angst. Ich wusste, dieses Schuljahr war entscheidend für die weiterführende Schule. Wer würde uns nun unterrichten? Die Sommerferien verliefen in quälender Ungewissheit und meine Nervosität wuchs von Woche zu Woche.

Schließlich begrüßte uns nach den Sommerferien die dritte Klassenlehrerin in vier Grundschuljahren. Sie war sehr bestimmt und autoritär. Mit einem täglich korrekt geflochtenen strengen Zopf empfand ich sie als Kind einschüchternd. Vielen meiner Mitschülerinnen und Mitschüler ging es ähnlich. Für eine sensible Mitschülerin in meiner Klasse mit vormals guten Noten wurde dieses letzte Schuljahr zur Qual. Wir hofften, dass sie uns trotz allem zum Ende gnädig bewerten würde.
Die Grundschule endete, ich atmete erleichtert auf. Vier Jahre Unruhe, Wechsel und Ungewissheit. Schon vor dreißig Jahren gab es Lehrerabordnungen von Grundschullehrern im Kreis Borken und viele Wechsel. Schon vor dreißig Jahren haben Schülerinnen und Schüler darunter gelitten.


Berufswunsch Grundschullehrer/in

Nach dem Abi spielte ich mit dem Gedanken, ob ich nicht Grundschullehramt studieren sollte. Die Erlebnisse in meiner Grundschulzeit hatten mich geprägt und ich wollte aktiv etwas tun, um den jungen Generationen ein ähnliches Schicksal zu ersparen. Doch sowohl in der Studienberatung als auch beim Berufsinformationstag wurde von einem solchen Studium abgeraten. Wenn schon Lehramt, dann gleich Gymnasium. Für Grundschule werde es in den nächsten Jahren einen Überschuss an Absolventen geben. Man studiere quasi für die Arbeitslosigkeit. So kam es, dass ich 2005  einen anderen Studiengang wählte und später zunächst in der freien Wirtschaft landete.

Jetzt sitze ich hier achtzehn Jahre später. Juni 2023. Zwei Tage vor Beginn der Sommerferien in Nordrhein-Westfalen. Ich bin selbst Mutter eines Kindes, das die Grundschule in unserem idyllischen kleinen Ort im Westmünsterland besucht. Optimistisch zogen wir nach Jahren in Großstädten zurück aufs Land. Ein Stück heile Welt. Ist sie das wirklich?


Die Grundschullehrer/innen – Abordnung ins Ruhrgebiet

Unsere Lehrer sollen bleiben - Gegen die Abordnung von Grundschullehrern im Kreis Borken
Unsere Lehrer sollen bleiben!

Anders als noch 2005 prognostiziert, herrscht nun akuter Lehrermangel in Grundschulen. Was heißt akut, frage ich mich stirnrunzelnd. Hätte man das nicht schon Jahre im Voraus ahnen, ja kalkulieren können? Lehrer und Lehrerinnen, die in den wohlverdienten Ruhestand gehen? Solche Entwicklungen sind -zumindest in der Theorie- absehbar. Erschöpfte Lehrkräfte, die ihren zuvor geliebten Beruf mit Burnout aufgeben? Wie viele Studien weisen auf dieses unterschätzte Problem hin? Ein Schulsystem, das noch aus längst vergangenen Zeiten stammt. Fragliche Arbeitsbedingungen und unfaire Bezahlung. Dazu das große Thema „Verbeamtung“.

Die schnelle, aus meiner Sicht vorschnelle Lösung der Regierung: Abordnung von Grundschullehrern im Kreis Borken. Um den Lehrermangel zu beheben, wurden und werden Grundschullehrerinnen und -lehrer  ins Ruhrgebiet abgeordnet. Dort fehlen noch mehr Lehrer/innen. Teilweise müssen mehrere Klassen von einer Lehrkraft betreut werden. Wie soll da noch Bildung stattfinden?

Und wer einmal als Lehrer/in arbeitet, lebt in Ungewissheit. Jede Grundschule im Kreis Borken muss Lehrkräfte abgeben. Gerade bei den kleineren Schulen macht sich das Fehlen von zwei, drei Kollegen und Kolleginnen erbarmungslos bemerkbar. Nach welchen Richtlinien und Entscheidungsmerkmalen dies entschieden wird, vermag ich nicht zu beurteilen. Doch wie muss es sein, wenn man als Lehrerin oder Lehrer eine gute Beziehung zu seiner Klasse aufgebaut hat, viele kreative Ideen hat, Freude am Unterrichten hat, „seine“ Schule mag, mit dem ein oder anderen Kollegen, der ein oder anderen Kollegin befreundet ist? Man wohnt vielleicht in der Nähe der Schule. Fühlt sich angekommen und verbunden. Dann die Abordnung. Plötzlich ändert sich alles. Man muss seine Klasse, die einem ans Herz gewachsen ist, verlassen und nun täglich deutlich länger ins Ruhrgebiet pendeln. Lässt sich das noch mit der eigenen familiären Situation verbinden? Traut man sich die längere Fahrtstrecke zu? Viele Lehrerinnen und Lehrer bringt dies an den Rand der Verzweiflung. So sehr sie ihren Beruf lieben, so sehr wächst in vielen die Erkenntnis heran, dass sie so nicht unterrichten können. Viele lassen sich daher krankschreiben oder kündigen. Nehmen Abstriche in Kauf und gehen früher in Rente. 

Wieder haben jetzt im Juni viele junge Menschen ihr Abitur gerade in der Tasche und entscheiden sich für ein Studium. Wäre ich jung und würde diese Willkür miterleben, ich weiß nicht, ob ich mich für das Lehramt entscheiden würde.


Lösungen? – Teil 1

Lösungen müssen her und zwar schnell. Doch gleichzeitig dürfen sie zum einen nicht – wie jetzt – vorschnell und aus meiner Sicht unüberlegt regelrecht durchgesetzt werden. Was meine ich mit „unüberlegt“? Unüberlegt heißt, dass mit dieser Lösung das eigentliche Problem nicht an der Wurzel gepackt und gelöst wird. Das eigentliche Problem lautet: Mangel an Lehrkräften. Ein leeres Wasserglas würde man zum Beispiel einfach auffüllen. So einfach geht das mit Fachkräften natürlich nicht. Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Doch die Regierung nimmt sich nun im übertragenen Sinne einfach ein paar andere Gläser, die halbvoll – oder halbleer je nach Sichtweise – sind und gerade noch einigermaßen funktionieren. Damit füllen sie das leere Glas nicht etwa voll, nur so weit, dass es gerade etwas gefüllt ist. Nun haben alle Gläser einen bedeckten Boden, doch wirklich voll, das sind sie bei Weitem nicht. All diese Maßnahmen ändern ergo nur kurzfristig etwas.

Kurzfristig werden die Kinder im Ruhrgebiet vielleicht zum ersten Mal in ihrem Grundschulleben eine Klassenlehrerin haben. Sie werden Bindung aufbauen, qualitativ hochwertigen Unterricht erleben und etwas lernen. Freude. Zusammenhalt. Klingt das nicht gut? Ja, das könnte man meinen.

Aber!

Ja, wenn da nicht das „aber“ wäre. Die Abordnung von Grundschullehrern im Kreis Borken sind zeitlich begrenzt. In einem Jahr, teilweise zwei, werden die versetzten Lehrerinnen und Lehrer also aus dem Ruhrgebiet zurückversetzt. Was für ein Bruch, Schock wird das für die Kinder im Ruhrgebiet dann sein? Ich bekomme eine Gänsehaut und sehe mich selbst als junge Schülerin. Erinnerungen kommen hoch. Wieder werden Kinder die Leidtragenden sein. Mit Ungewissheit auf das nächste Schuljahr blicken.


Die Kinder – das schwächstes Glied der Gesellschaft

Jedes Kind erhält eine Postkarten - Gegen die Abordnung von Grundschullehrern im Kreis Borken
Jedes Kind erhält eine Postkarte zum Verschicken.

Ja, die Kinder. Sie sind das schwächste Glied unserer Gesellschaft und doch baut die Gesellschaft auf sie. Ist sie dafür bereit etwas zu geben, zu investieren? Ich habe mittlerweile große Zweifel. Schon während Corona waren es in erster Linie die Kleinsten und Kleinen, die zurückstecken mussten. Und nun geht es weiter.

Unsere Grundschule ist verhältnismäßig klein. Ein rot gemauertes Klinkergebäude mit großen Bäumen auf dem gemütlichen Schulhof. Die weiß gerahmten Fenster sind stets mit bunten Fensterbildern geschmückt. Dieses Idyll weiß ich nach Jahren in Hamburg oder anderen internationalen Großstädten sehr zu schätzen. Es ist familiär und persönlich. Man kennt sich. Die Kinder unserer Grundschule haben meist ein sehr inniges Verhältnis zu ihren Lehrerinnen und Lehrern. Diese sind, das kann ich nach zwei Grundschuljahren von Herzen sagen, engagiert und bemüht. Ich habe wirklich das Gefühl, dass sie ihre Arbeit gerne machen. Kein bloßer Job, vielleicht sogar Berufung. Genau das, mit Liebe und Freude ans Werk zu gehen, ändert alles. Das bemerken auch die Kinder. Unsere Tochter geht jeden Tag gern zur Schule.

Gut erinnere ich mich an den Tag, als ihre Freundin aus der Parallelklasse mit Tränen in den Augen nach Hause lief. Ihr Lehrer ist betroffen. Es ist bereits ihr zweiter Klassenlehrer. Mir tut es in der Seele weh, ich weiß aus meiner eigenen Kindheit, wie sich diese so jungen Mädchen und Jungs fühlen. Ein vertrauter Teil aus ihrer täglichen Welt bricht weg. Lehrerinnen und Lehrer unterrichten nicht nur, sie vermitteln nicht einfach nur Lernstoff. Nein, sie sind vielmehr Bezugspersonen, zu denen die Kinder intensive Bindung verspüren. Das schafft eine solide verlässliche Basis für fruchtbares Lernen. Und Lehren.

Die Abordnung von Grundschullehrern im Kreis Borken, diese paar Worte schweben wie ein Damokleschwert über uns. Mittlerweile weiß ich, welche Lehrkräfte aus unserer Grundschule betroffen sind. Lehrer aus der zweiten Klasse, deren Kinder im nächsten Schuljahr zum ersten Mal benotet werden. Lehrer aus der dritten Klasse, deren Kinder im vierten Schuljahr die Empfehlungen für die weiterführende Schule erhalten. Wie will jemand sie bewerten, der sie nur ein paar wenige Monate kennt? Es ist mir ein Rätsel. Und doch werden unsere Kinder mit solchen Entscheidungen einfach übergangen. Wie schon bei Corona werden sie regelrecht vergessen, hintenangestellt. Fragt irgendjemand, wie sich ein kleines Mädchen fühlt, das seine Lehrerin ziehen lassen muss? Wer nach den Sommerferien ins dritte Schuljahr startet, hat im vierten Schuljahr womöglich wieder eine neue Lehrerin an der Tafel stehen. Kinder benötigen Verlässlichkeit, Stabilität. Menschen, auf die sie sich verlassen können. Menschen, die sie fordern, aber auch ihre Bedürfnisse im Blick behalten. Menschen, die sie nicht übergehen. Menschen, die sie respektieren, sie ernst nehmen. Menschen, die sich für sie einsetzen.


Die Eltern – gemeinsam an einem Strang ziehen

In diesem traurigen Spiel gibt es aus meiner Sicht keine Gewinner. Die größten Verlierer sind – wie so oft in diesem so fortschrittlichen Land – unsere Kinder. Unsere Lehrerinnen und Lehrer verlieren ebenfalls. Hilflos müssen sie mitansehen, wie über ihre Köpfe hinweg entschieden wird. Als Mutter, stellvertretend für andere Eltern und Elternteile, leide ich mit den Kindern mit. Es bricht mir das Herz. Doch tatenlos zuschauen, das macht einen ganz verrückt. Nichts tun, würde das diese Entscheidung nicht auf gewisse Weise gutheißen?

Deswegen bin ich unendlich dankbar, dass wir Eltern gemeinsam an einem Strang ziehen. Es wurde eine Online-Petition gegen die Abordnung von Grundschullehrern im Kreis Borken ins Leben gerufen. HIER kann sich jede/r beteiligen. Im regionalen Radiosender WMW und in der Borkener Zeitung wird über die Missstände berichtet. Postkarten wurden liebevoll gestaltet und werden an die NRW-Schulministerin Dorothee Feller nach Düsseldorf geschickt. Heute Morgen nun fand ein stiller Protest auf dem Schulhof statt, bei dem vor allem die Eltern friedlich demonstrierten. Ich fand es sehr berührend und ich hatte Tränen in den Augen.

Ob wir diese Abordnungen von Grundschullehrern im Kreis Borken jetzt noch stoppen können? Ich weiß es nicht. Aber es ist trotzdem gut, als Eltern ein Zeichen zu setzen. Die Stimme für unsere Kinder laut zu erheben und klar zu sagen: „Stop! So nicht! Es kann nicht sein, dass die Kinder für jahrelang ignorierte Probleme nun die Quittung zahlen müssen. Das wäre eindeutig Aufgabe der Politik gewesen. Jedes wirtschaftliche Unternehmen müsste bei solchen Zuständen recht schnell Konkurs anmelden. Bei der Schule als Institution geht das natürlich nicht. Was wäre der richtige oder besser ein guter Weg? Gibt es überhaupt einen solchen Weg, der alle zufriedenstellt?


Lösungen? – Teil 2

Lösungen müssen her - Gegen die Abordnung von Grundschullehrern im Kreis Borken
Die Lösungen müssen aus der Politik kommen

Zunächst, damit komme ich auf den Beginn zurück, muss das Problem genau angeschaut werden. Die Wurzel in Augenschein genommen werden. Man kann darüber natürlich monatelang debattieren und diskutieren. Man muss nicht! Ich bin der festen Überzeugung, dass man auch schneller zu neuen Lösungen kommen kann, wenn man es nur will. Wenn man ein tiefes Warum hat, etwas, das einen antreibt. Genau daran scheint es zu hapern. Was haben Politiker und Politikerinnen mit kleinen Kindern am Hut? Das sind oftmals – natürlich nicht bei allen! – verschiedene Lebenswelten.

Trotz allem, es nützt nichts. Jetzt, genau jetzt, ist der Zeitpunkt gekommen, an dem Lösungen gefunden werden müssen. Nicht erst im Herbst. Nicht erst 2024. Nicht später.

Jetzt. Jetzt. Jetzt!

Wir müssen den Fokus von den Problemen weg und hin zu ermutigenden Alternativen lenken. Das Problem ist hinlänglich bekannt. Okay. Nun aber, nun muss es endlich weiter gehen, voran gehen. Das sind wir unseren Kindern schuldig: eine Zukunft mit dem Recht auf qualitativ hochwertige Schulbildung und gut ausgebildeten, empathischen Lehrerinnen und Lehrern, die fair behandelt und bezahlt werden.

Von anderen lernen
Hilfreich könnte es sein, einen Blick über den Tellerrand zu werfen. Deutschland ist das Land der Dichter und Denker. Eine mittlerweile steile These. Warum schaut man nicht, wie es die Länder mit guten PISA-Werten machen? Was machen unsere skandinavischen Nachbarn anders? Was könnten wir von dort übernehmen? Was läuft in deutschen Grundschulen bereits gut? Wie kann man das intensivieren? Wie kann man junge Menschen für den Beruf „Lehrer“ begeistern? Wie kann man gute Arbeitsbedingungen schaffen? Gibt es einen Plan, um Lehrerinnen und Lehrer vor Erschöpfung zu bewahren? Wie kann man kurzfristig, wenn keine Lehrkräfte verfügbar sind, qualifiziertes Personal finden?
Fragen über Fragen. Fragen, über die es sich lohnt, einmal nachzudenken und den Antworten Taten folgen zu lassen. Umsetzung!

Stichwort Quereinsteiger
Es gibt allein in meinem Bekanntenkreis viele Akademikerinnen, meist junge Mütter, die über einen solchen Quereinstieg in den Lehrberuf nachgedacht haben. „Die Bedingungen gehen gar nicht. Nicht vereinbar.“, sagen sie und winken müde ab. Natürlich, ein paar Voraussetzungen sollten schon erfüllt sein, um als Lehrerin oder Lehrer arbeiten zu dürfen. Niemand möchte, dass einfach irgendwer auf die Kinder „losgelassen“ wird. Aber trotzdem muss dieser Mangel aufgegriffen werden. Schnellstmöglich behoben werden. Was ist mit einer guten Grundbildung, was für das Lehramt ein solides Studium sein sollte, kombiniert mit einer berufsbegleitenden hochwertigen (!) Kurzausbildung? Training-on-the-Job sozusagen? Denn viel Zeit für jahrelange Zweit-Studien, die bleibt uns nicht. Schluss mit Schludern und Aufschieberitis! Auf lange Sicht sollte für neuen Lehrernachwuchs gesorgt werden, das ist ganz klar. Doch jetzt, jetzt braucht es konkrete Hilfen. Keine Verschiebung des Problems, das wiederum neue Probleme nach sich zieht. Probleme, die erneut auf den schmalen Schultern der Kinder ausgetragen werden.


Von Hoffnung, Mut und Liebe

Aktiv Zeichen setzen gegen die Abordnung von Grundschullehrern im Kreis Borken
Aktiv Zeichen setzen gegen die Abordnung von Grundschullehrern im Kreis Borken

Ich trinke meinen dampfenden Tee und schaue nachdenklich auf die Fotografien meiner Kinder in der Küche. Was werden sie später einmal über ihre Schulzeit sagen? Mein kleiner Sohn hat noch ein Jahr Kindergarten vor sich, der Glückliche. Wie wird es für ihn sein, wenn er in die Schule kommt? Wird es dann Lösungen geben? Wird die Abordnung von Grundschullehrern im Kreis Borken immer noch an der Tagesordnung sein?

So schmerzlich diese Entwicklung im Moment ist, ich nehme mir fest vor, mutig zu handeln. Nicht wegzuschauen. Zu tun, was im Rahmen meiner Möglichkeiten liegt. Die Hoffnung niemals aufzugeben. Ich möchte meinen Kindern, die noch ganz am Anfang ihres Lebens stehen, zeigen: Hey, es lohnt sich immer, für die Sache, die dir am Herzen liegt, zu kämpfen. Gib nicht auf! Du bist stark. Stärker als du denkst. Gemeinsam können wir so viel schaffen. Ändern. Bewegen! Du bist wertvoll, allein, weil du bist. Ich liebe dich!

Ich schlucke schwer und wünsche mir in diesem Moment nur eins: Hoffentlich wird dieser Gedanke, dass wir gemeinsam in dieser Sache etwas zum Positiven beeinflussen können, wahr! 

Mareike

Einige abschließende Worte zu diesem Blogartikel

P.S.-Nr.1:
Dieser Artikel ist sehr persönlicher Natur! Ich musste ihn schreiben, er brannte mir auf der Seele.
Vielleicht gibt es auf diesem Planeten irgendeine Person, die ähnlich fühlt, der dieses Thema nahegeht? Vielleicht bist auch du/ dein Kind betroffen? Vielleicht wohnst du nicht im Kreis Borken oder in NRW, sondern ganz woanders und bist ebenfalls betroffen. Vielleicht bist du selbst Lehrer/in. Vielleicht Großelternteil, der sich um seine Enkelkinder sorgt?
Ich danke dir von Herzen, dass du meine Zeilen gelesen hast. Hinterlasse mir gern ein Lebenszeichen in Form eines Kommentars, einfach einen Smiley, irgendetwas. Ich freue mich sehr, wenn ich mit meinen Worten etwas erreichen und Menschen berühren, bewegen kann.

P.S.-Nr.2:
Wenn du gern unterstützen möchtest, kannst du das ganz einfach ohne langwierige Mühen oder Kosten tun. Im Artikel habe ich die Online-Petion gegen die Abordnung von Grundschullehrern im Kreis Borken erwähnt. Diese wurde von anderen engagierten Eltern ins Leben gerufen. Du kannst einfach online unterschreiben, auch anonym, und so einen wertvollen Beitrag leisten. Zur Petition gelangst du über diesen Link.

P.S.-Nr.3:
Ich danke allen Eltern, auch unbekannterweise, die aktiv etwas gegen die Abordnung von Grundschullehrern im Kreis Borken unternehmen. Die die Presse involvieren. Die Postkarten gestalten. Die Protestaktionen organisieren. Die Unterschriftenlisten auslegen. DANKE!

P.S.-Nr.4:
Wenn du dich als Elternteil gestresst fühlst angesichts dieser Debatte und dem ganzen turbulenten Familienalltag, so kann ich dir noch meinen beliebten BlogartikelEntspannung für Mamas – 5 wirksame Strategien, die trotzdem einfach sind“ empfehlen. Natürlich sind diese Inspirationen auch für Papas, diverse Elternteile und alle Interessierten wertvoll. Wenn ich dir damit helfen kann, freut mich das von ganzem Herzen! Alles Liebe für dich 🙂

 

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8 Comments

  • Reply Claudia 26. Juni 2023 at 14:16

    Liebe Mareike,
    Dein Text ist wundervoll geschrieben und trifft (mit viel Liebe) den Nagel auf den Kopf! Mega

    • Reply Mareike 26. Juni 2023 at 15:06

      Ganz lieben Dank für deine wertschätzenden Worte! Ich freue mich sehr, dass mein Artikel dir gefällt 🙂

  • Reply Jennifer 26. Juni 2023 at 22:35

    Hi, richtig gut verfasst, es wäre so schön wenn man noch was ändern könnte und wenn nicht jetzt wenigstens für die zukunft

    • Reply Mareike 27. Juni 2023 at 19:54

      Ja, da stimme ich dir absolut zu. Wenn es jetzt nichts ändert, da zu kurzfristig, dann hoffentlich auf lange Sicht. Denn so kann es nicht weitergehen! Ganz lieben Dank für deinen Kommentar 🙂

  • Reply Claudia 13. Juli 2023 at 22:07

    Ich bin im wunderschönen beschaulichen Münsterland aufgewachsen, bin nun seit vielen Jahren Lehrerin an einer Gesamtschule im Münsterland (zuvor viele Jahre in einer Ruhrgebietsstadt) und kenne daher das System Schule mit vielen seiner Facetten und Unzulänglichkeiten (und das sind eine Menge!). Ich bin aber auch Mutter zweier Kinder und wir wohnen in einer dieser Großstädte im Norden des Ruhrgebiets, in die es Abordnungen geben wird. Meine Tochter wird ab Sommer in eine dieser Grundschulen gehen, in denen es hinten und vorne an Personal fehlt. Die Problematik ist komplex und es ist insbesondere aus Sicht der Münsterländer Kinder verständlich, dass sie ihre geliebten und engagierten Klassenlehrer/-innen nicht verlieren wollen. Allerdings sehe ich auch die Kehrseite bzw. die Rechte der Kinder in den Ruhrgebietsstädten. Die Ausgangslage ist hier ohnehin meist schwieriger infolge von Kindern aus bildungsfernen Schichten. Migration, Flüchtlinge, instabile Elternhäuser, Inklusion und Lehrkräftemangel kommen – wie überall, aber hier eben in konzentrierter Form – hinzu. Dass Abordnungen von Lehrkräften nicht die Lösung des Problems sein können, steht außer Frage. Damit macht man es sich in der Bildungspolitik wieder einmal zu einfach. Ich habe keine Lösungen; das ist die traurige Wahrheit. Was ich allerdings sicher bestätigen kann, ist: Verlässlichkeit und Stabilität brauchen Kinder aber an jedem Ort dieser Welt. Zuallererst zählt dazu meines Erachtens, dass verlässlich Unterricht stattfindet (im besten Fall durch grundständig ausgebildete Lehrer/-innen) und dass dem Recht aller Kinder auf Bildung entsprochen wird – auch an den sozialen Brennpunkten, an denen die „Bedürftigkeit“ vieler Kinder ohne immens ist. Einen mehrfachen Klassenlehrerwechsel kann man da vielleicht doch eher verkraften als gar keinen Klassenlehrer zu haben.

    • Reply Mareike 14. Juli 2023 at 9:25

      Danke für deinen tollen Kommentar! Ich stimme dir absolut und aus vollem Herzen zu: Jedes Kind hat das Recht auf Bildung, für jedes Kind sind Werte wie Beständigkeit und verlässliche Lehrer/innen von großer Bedeutung. Gerade als Mama bricht es einem das Herz, wenn man diese Zustände sieht. Ich kann dich so verstehen und wünsche dir und deiner Tochter einen guten Schulstart. Gerade in den ersten Schuljahren, wo für die Kinder alles neu ist, ist es für sie elementar einen verlässlichen Ansprechpartner zu haben – und das ist der/die Klassenlehrer/in. Ich hoffe, dass innerhalb dieser zwei Jahre Lösungen gefunden werden. Denn, wenn bei euch im Ruhrgebiet nach den zwei Jahren die Lehrkräfte wieder abgezogen werden, was ist dann? Hoffentlich gibt es dann Fortschritte! Hoffentlich! Alles Liebe für dich 🙂

  • Reply Claudia 15. Juli 2023 at 1:52

    Ich stimme dir vollkommen zu: Wenn die Lehrer nach einem oder zwei Jahren aus dem Ruhrgebiet wieder zurück an ihre alte Schule gehen, ist damit wirklich niemandem langfristig gedient. Es ist aus der aktuellen Bedarfslage bei uns im Pott maximal ein Tropfen auf den heißen Stein (ohne nachhaltigen Effekt), wenn Kinder für eine kurze Zeit überhaupt eine ausgebildete Lehrkraft haben und tendenziell weniger Unterricht entfällt. Natürlich fehlen die Lehrkräfte dann im Kreis Borken; allerdings ist die personelle Situation dort deutlich besser, sodass kompensiert werden kann. Mein Bruder (der noch im Dorf meiner Kindheit im Kreis Borken lebt) und dessen Kinder sind an ihrer Grundschule von Abordnungen betroffen. Erstaunlich ist, wie mein Bruder sagt, dass die Lehrkräfte selbst Zurückhaltung zeigen, anstatt lautstark ihren Protest kundzutun . Ob das so stimmt, kann ich nicht beurteilen. Ich finde es sehr gut, wenn betroffene Eltern (also Mütter, wie du) sich mit verantwortlich fühlen und deutlich machen, dass sie auf Seiten der Lehrer und der ihnen anvertrauten Schulkinder stehen. Das hat deutlich mehr Wirkung, als wenn es nur die Lehrer selbst täten. Denn dann heißt es lediglich: Die sind zu faul, längere Fahrtzeiten in Kauf zu nehmen. Die sollen sich nicht so anstellen, in der freien Wirtschaft ist das Arbeiten auch kein Zuckerschlecken…. Was viele Menschen halt noch immer und leider über Lehrer denken, obwohl es meiner Erfahrung und meinem persönlichen Selbstverständnis als Lehrerin nach absolut nicht der Wahrheit und Realität entspricht.
    Dennoch: Für die betreffenden Lehrkräfte ist es eine Zumutung. Man steigt nicht mal eben so an einer anderen Schule bei 100 mit ein. Man muss die Kinder kennenlernen mit all den Lebensgeschichten, die sie und ihre Familie mitbringen. Man muss sich an neue, andere Abläufe und viele neue Menschen gewöhnen, um konstruktiv mit ihnen zu arbeiten. Das dauert eine Weile, egal ob in Schule oder an einem Berufsfeld der freien Wirtschaft.
    Allein die Strecken, die bewältigt werden müssen, sind eine Zumutung, denn 20 km von Borken nach Gescher zu fahren (keine Ahnung, ob es genau 20 sind), ist nicht das gleiche, wie 20 km vom Autobahnkreuz Bottrop nach Gelsenkirchen oder Recklinghausen oder in die andere Richtung nach Duisburg zu fahren. Die Autobahnen sind zu den Stoßzeiten mehr als voll. Da kann das, was ministerial noch als wohnortnaher Einsatz durchgeht, schon mal eine echte (unfreiwillige) Belastung werden.
    Es ist ein Trauerspiel und müsste meiner Meinung nach auch nicht nur bildungspolitisch betrachtet werden, denn dass bei uns im Ruhrgebiet in bestimmten Städten sämtliche ausgeschriebene Stellen an Schulen leerlaufen (keine Bewerber) und dass andererseits der personelle Bedarf an Schulen mit einschlägigen Standorttypen überdurchschnittlich hoch ist, vergrößert das Dilemma und kommt nicht von ungefähr.
    Liebe Grüße in den schönen Kreis Borken!

    • Reply Mareike 15. Juli 2023 at 19:52

      Danke, liebe Claudia, für diese spannende Antwort.

      Du hast es treffend analysiert!

      Insbesondere die Sicht der Lehrer/innen VON einer Lehrerin ist klasse. Ja, viele Leute haben immer Vorurteile gegenüber diesem Beruf – nicht nur gegen diesen, gegen so viele generell. Mit Vorurteilen sind sie schnell dabei, dabei haben die wenigsten dieser Kritiker/innen selbst Erfahrung als Lehrkraft. Erst mal in die Schuhe eines/r Lehrers/in schlüpfen, ihren Weg gehen, ihren Alltag erleben – dann erst werten.

      Bei uns an der Schule waren die betroffenen Lehrer/innen auch keine aktiven „Protestler“, aber man hat gesehen, wie gerührt sie waren. Ich denke, es hat ihnen gut getan, zu sehen, wie wichtig sie für ihre Schüler/innen sind, wie gern diese sie haben – und dass Schülerschaft und Eltern hinter ihnen stehen.

      In diesem Sinne können wir wohl nur auf die Zukunft hoffen!
      Ich wünsche dir alles Liebe 🙂

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